Sportklettern im Valley und Projekt Freerider

Nach den strengen Tagen am El Cap habe ich mit Vera ein paar gemütliche Mehrseillängenrouten geklettert und auch ein Bouldernachmittag im Camp4 war Abenteuer genug. Mit unseren Schweizer Freunden Lukas und Andi waren wir in der Route Crimson Cringe, eine fantastische 55m Risslinie. Pumpiger kann Klettern nicht sein! Ich bin im Flash-Versuch leider ganz am Schluss noch abgeflogen.

Nach ein paar Tagen Easy Going haderte ich lange mit dem Entschluss, die Route Freerider zu projektieren. Freerider ist die einfachere Freiklettervariante zur Salathé und gilt als einfachste Freikletterroute am El Cap (abgesehen von einigen „Randrouten“). Trotz der gemässigten Grade gibt es einige harte Einzelstellen (das „Boulderproblem“), zwei ultrapumpige Ausdauerverschneidungen (Endurance Corners unter dem Roof) und fiese Offwidth und Kaminklettereien (Monsteroffwidth, Hollow Flake, Ausstiegsoffwidth). Da ich von der Salathé her schon die meisten Seillängen kenne, scheint mir dieses Projekt die logische Fortsetzung unseres Klettertrips zu sein.

Nach vorherigem Materialtransport mit Hilfe von Dave, dem Bergeller Neuseeländer, war ich mit Vera letzten Dienstag auf dem Weg auf den El Cap. Die über 1000 Höhenmeter sind streng mit soviel Gepäck. Am späten Nachmittag waren wir oben. Mit Kletter- und Biwakausrüstung, 350m Seil und 24 Liter Wasser. Gleichtags seilten wir vom Gipfel in die Freerider ab und ich kletterte die obersten, mir bisher unbekannten Seillängen. Ein fieser aber kurzer Offwidth macht hier, hoffentlich überwindbare, Probleme. Die Nacht verbrachten wir auf dem Gipfel. Am Mittwoch starteten wir unsere Abseilübung über den grössten Granitmonolithen der Welt. Keine einfache Aufgabe mit soviel Gepäck. Unterwegs checkte ich die zwei Endurance Corners und das Boulderproblem aus. Allesamt sehr anspruchsvolle Seillängen! 10 Liter Wasser deponierten wir auf dem Block Biwak. Die Nacht verbrachten wir auf dem El Cap Spire, dem super Biwakplatz. Am Donnerstag kletterte ich noch den MonsterOffwidth im Nachstieg. 60 Meter Rissschrubben, so fertig war ich noch selten in meinem Leben. Der Vorstieg dürfte sehr streng, psycho und ein bisschen gefährlich werden. Zweifelhafte Aussichten. Wir beendeten den Tag mit den letzten Abseilereien und radelten zurück ins Camp4.

Die Wetteraussichten sind vorerst schlecht. Deshalb haben uns Andi und Lukas freundlicherweise mit nach Bishop genommen. Hier wollen wir bis am Dienstag Bouldern und abschalten bevor das grosse Projekt Freerider startet.

El Capitan: Salathé

Kaum zurück im Camp4, fragte mich David, ein Neuseeländer, ob ich Lust hätte die Salathé mit ihm zu klettern. Da Vera dies eine gute Idee fand, sagte ich spontan zu.

Die Salathé führt 35 Seillängen durch die über 1000m hohe südwest Wand des El Capitans. Sie ist ein bisschen schwerer als die bekanntere Nose und wird deshalb auch weniger begangen.

David hatte bereits vor dem schlechten Wetter 30 Liter Wasser auf dem sogenannten Heart Ledge im ersten Wanddrittel deponiert. So konnten wir am ersten Tag fast ohne Gepäck klettern und waren schnell beim Lung Ledge, unserem ersten Biwakplatz. Diesen ersten Teil konnte ich Onsight klettern.

Am nächsten Tag wartete der „physischste“ Wandteil auf uns: eine Menge Kamine und Offwidth Risse machen das Klettern sehr anstrengend. Beim Quergang zum Monster Offwidth, zwei Seillängen unter dem zweiten Biwakplatz vergab ich den Onsight mit einem Sturz. David aidete in der Folge rechts vom Monster Offwidth hoch. Pünktlich zum Sonnenuntergang erreichten wir den El Cap Spire, einen freistehenden Turm mit einem Super Biwakplatz.

Der dritte Tag, das wussten wir, würde die Entscheidung bringen: Der nächste gute Biwakplatz war 11 Seillängen entfernt und es war eigentlich zwingend, diesen zu erreichen. Ich kletterte die ersten 7 Längen „frei“, wobei ich mich oft an den Friends hochziehen musste, da Kraft und Zeit knapp wurde. Die letzten 4 Längen zum Biwak waren durchgehend überhängend und für uns nur in technischer Kletterei zu bewältigen. Dies war Davids Job und er machte ihn so gut, dass wir erneut pünktlich zum Sonnenuntergang unser letztes Biwak, das Long Ledge erreichten. Dieses Biwak ist ein 70cm schmales Band in der sonst überhängenden Headwall, 1000m über dem Boden…

Der vierte Tag war gemütlich, da wir nur 4Seillängen bis auf den Gipfel zu klettern hatten. Der Fussabstieg war dann reine Formsache, obwohl der 30kg Sack ganz schön in die Knie ging! Es war wirklich ein super Erlebnis und dank unserer guten Planung und Vorbereitung hatten wir nie Durst, nie Hunger und keine nennenswerten Probleme.

San Francisco

Vor gut 10 Tagen wechselte das Wetter schlagartig und ein Gewitter folgte dem anderen ins Yosemite. Für uns war es nicht so tragisch, aber für viele Kletterer ging wochenlanges Vorbereiten in den grossen Wänden sprichwörtlich den Bach ab.

Vera und ich fuhren in der Folge mit Coco und Martin, zwei Deutsche aus dem Camp 4 nach San Francisco. Diese Stadt entsprach überhaupt nicht den Vorurteilen die wir gegenüber amerikanischen Städten haben. Die vielen Häuserreihen in den Wohnquartieren überraschen mit originellen und hübschen Fassaden, es gibt eine Menge gemütliche Cafés und auch die einheimischen scheinen nicht so gestresst, wie wir das von anderen Städten her kennen. Nach den üblichen Touristenmusts (Fahrt mit der Bimmelbahn, Sonnenbrillen anprobieren, sinnlose Fotos schiessen) verbrachten wir einen ganzen Tag in der Haight Street. Hier lebt die Hippiegeneration zusammen mit Punks sowie vielen schrägen Vögeln und einigen Pennern (meist) friedlich zusammen. Wir haben uns jedenfalls gut amüsiert. Nach zwei Tagen Stadtleben fuhren wir an den Flughafen, wo wir unser Mietauto zurück brachten. Martin und Coco nahmen uns in ihrem Auto mit zurück ins Valley. In der Zwischenzeit haben wir uns zwei Velos gekauft und sind nun stressfrei auf der Strasse unterwegs zum Klettern.

El Capitan Westwand

Am Mittwoch sind wir morgens um 5 zur Westwand des El Capitans gelaufen. Die West Face Route hat 19 Seillängen bis 5.11d und ist für schnelle Seilschaften an einem Tag kletterbar. Wir starteten die Kletterei um 07:30. Vera musste als Nachsteigerin einen ziemlich schweren Rucksack tragen (4L Wasser ist eher wenig bei den aktuellen Temperaturen). Nach den schwierigeren Startseillängen verloren wir leider im Mittelteil Zeit weil ich mich zweimal verstiegen hatte. Gebremst durch den schweren Rucksack und weil wir nicht überschlagend kletterten verloren wir zusätzlich Zeit. So kam es, dass wir erst mit dem Sonnenuntergang auf dem Gipfel des El Capitans standen. Da der Abstieg schwer zu finden ist, entschieden wir uns für ein Biwak. Die Nacht war lang aber mit einem Feuerchen auch nur im Pulli erträglich. Schlimmer war der Durst der uns erst am nächsten Morgen zurück beim Auto verliess. Es war ein tolles Erlebnis.

Die ersten Tage im Yosemite Valley

Nach unserer langen Wüstenfahrt erreichten wir das Yosemite über den Tioga Pass (über 3300m hoch). Die Landschaft ist sehr alpin hier, riesige Redwood und Mammut Bäume stehen an klaren Bergseen. In Tulomne Meadows übernachteten wir auf dem Campingplatz. In der Nacht war es deutlich unter 0°C, was mit meinem Sommerschlafsack nicht so toll war. Aus diesem Grund verliessen wir bereits anderntags diese wunderschöne Gegend richtig Yosemite Valley. Hier im Valley ist es momentan sehr heiss und sehr bevölkert. Mit der 4 spurigen Fahrstrasse und allen Shopping Möglichkeiten fühlt sich der Besucher nicht wirklich in der Wildnis, aber es braucht nur eine kurze Wanderung um die Einsamkeit zu finden. Wir kletterten 2 Tage im Klettergarten und versuchten unseren ersten Offwidth- Riss. Offwidth bezeichnet man einen Riss der so gross ist, dass man ihn nicht mit einer Hand klemmen kann. Unglaublich mühsames Bein- und Schulter- einklemmen sind erforderlich (was zu vielen Schürfungen führt). Das Absichern solcher Risse ist schwierig oder unmöglich. Trotzdem muss man solche Risse beherrschen, da alle Grossen Routen hier mit Offwidth- Schwierigkeiten gespickt sind.

Nach einer 6Uhr Morgens Ansteh-Session verschafften wir uns auch einen Platz auf dem legendären Camp4- Zeltplatz.

Gestern stiegen wir ohne grosse Schwierigkeiten (abgsehen von total 3 Stunden warten wegen den vielen anderen Kletterern) durch das Rostrum, bis uns dann der Offwidth in der drittletzten Seillängen völlig verheizt hat. Mit der Stirnlampe schafften wir es trotzdem noch hoch. Es lohnt sich also, keine anderen Seilschaften vor sich zu haben!

Eine lange fahrt durch die Wüste

Auf unseren Abschied in Zion folgte eine lange Autofahrt durch die Wüste. Als wir unser Auto mieteten, erhielten wir Karten von Kalifornien, Utah und eine von Nevada. Letztere enthielt aber nur einen Stadtplan von Las Vegas. Als ich nach eines Nevada- Karte fragte erntete ich nur schmunzeln: „there`s is only dirt outside Las Vegas, you don`t need a map!“ Und genau so war es dann auch. Wir fuhren 6 Stunden durch dirt (bereichert durch ein Gefängis, einen geheimen Luftwaffenstützpunkt und ehemaliges Atombombentestgelände). Am Ende der Wüste steht der Boundary Peak, ein kahler 4000er und kurz vor dem Yosemite der Mono Lake, ein riesiger Salzsee, der immer mehr austrocknet und voll mit Vogelkacke ist. Trotzdem strahlt dieser Ort eine fast unheimliche Ruhe aus, wie wir sie noch nie an einem Ort erfahren haben.

USA Trip gestartet: Zion Nationalpark

Unser Flugzeug landete in der Wüste von Nevada, 20 Stunden nachdem wir Biel verlassen hatten. Bereits am Flughafen von Las Vegas war alles voll mit einarmigen Banditen und auch unser Taxichauffeur war ein Bandit: Wechselgeld wollte er keines geben, 25% Trinkgeld sei für Las Vegas eher wenig… Die Klimaanlage surrte uns durch die Nacht. Am nächsten Tag holten wir unser Mietauto und waren heilfroh, die Stadt verlassen zu können, in der alle Bewohner dem Besucher das Geld aus der Tasche ziehen wollen.

Eine dreistündige Autofahrt durch die Wüste brachte uns in das hübsche Springdale, ein Tourismusstädtchen am Südeingang des Zion National Parks. Die Landschaft hat uns fast umgehauen. Überall stehen riesige, rote und abstrakte Felstürme. Obwohl in der Wüste gelegen, sind die sanften Hänge in Talnähe mit grünen Bäumen bewachsen und der Virgin River führt auch jetzt noch Wasser. Leider ist das Gefühl der Einsamkeit nicht gerade ausgeprägt. Täglich fahren hunderte Autos und Riesige Camper durch die Strasse im Nationalpark.

Die Kletterei hingegen darf getrost als wild bezeichnet werden: Der Sandstein macht seinem Namen alle Ehre und die wenigen Bohrhaken sind höchstens 8mm und wohl nach wenigen Jahren „weg-erodiert“. Ausserdem scheinen die Erschliesser hier auch nicht gerne lose Blöcke wegzuräumen, eine kleine Unaufmerksamkeit beim Abseilen genügt und schon fliegen uns riesige Felsblöcke um die Ohren! Auch beim Vorsteigen läuft die Adrenalinausschüttung auf Hochtouren: Die nicht immer perfekten Risse nehmen den Friend mit einem unheimlichen Sandgeknirsche auf worauf dann der wegbrechende Tritt 3m später Angstzustände auslösen kann, Yeahh! Inzwischen halten wir uns an die häufiger begangenen Routen, wo alles ein bisschen entspannter scheint: Zum Beispiel der Shunes Buttress ist der absolute Wahnsinn. Auf 150m Verschneidungs- und Kaminkletterei folgt ein ausgesetzter, teilweise überhängender 90m Riss durch eine glatte Wand, unglaublich!

Inzwischen sind wir am Planen wie wir ins Yosemite Valley kommen, was ja eigentlich unser Hauptziel ist.

Santesch, Wendenstöcke und Jura

Hannes, Jörg und Jan aus Innsbruck sowie Yvonne aus München besuchten uns Anfangs September. Wir verbrachten zuerst drei sonnige Tage am Sanetschpass wo Sonja und Basil auch noch vorbeikamen. Das Highlight war sicher unser Ausflug in die Supreme Dimension, eine sehr anhaltende 7c Mehrseillängenroute. Natürlich schielten wir alle auf eine Onsight oder Flash Begehung. In der 7b+ Länge patzte jedoch Basil und ich. Jan und Hannes hingegen zogen souverän durch. Ich punktetet die Länge noch im Nachstieg und wir stiegen weiter. Leider verstiegen wir uns und verpassten eine 7a Länge, welche wir ganz ausliessen. Nun stand als letztes Hindernis die 7c Länge an. Ein ziemlich kurzer Überhang mit brachialen Zügen wies uns leider alle ab, auch Hannes und Jan die den Flash noch offen hatten. Wir waren uns jedoch einig dass die Linie schon sehr gesucht sei und eine Begehung schon nicht ganz so „alpinistisch wertvoll“ ist, wie dies in manchen Kreisen gemunkelt wird. Ich punktete die 7c Länge trotzdem noch im dritten Anlauf und wir stiegen über die letzten, einfachen Längen auf den Gipfel. Alles in Allem sicher eine geile Route in super Fels, aber die Linie ist eher eine Katastrophe!

Die folgenden Tage verbrachten wir im Lehn und an den Wendenstöcken. Mit Jan kletterte ich die Elefantenohr direkt, eine sehr schöne und gut abgesicherte Route mit einer 7c+ Länge (der Rest ist deutlich einfacher). Die kurze 7a Länge vor der Schlüssellänge hat die kleinsten Leisten die ich je gesehen habe, und ich Trottel hatte dem armen Jan empfohlen, die alten, ausgelatschten Schuhe zu nehmen… Die Schlüssellänge kletterte ich zu meiner Überraschung gleich Onsight, was mich sehr freute! Übrigens braucht man 15 Schlingen und nicht 10, aber das dem „Schweiz Extrem“ Topo nicht zu trauen ist, hat sich scheinbar in der Szene schon herumgesprochen, also denkt daran: Extrem-fehlerhaft-nervt-Extrem!

Am nächsten Tag stiegen wir gleich nochmals hoch und kletterten die Inuit und Stars Away sowie Hannes mit Yvonne die Patent Ochsner, alle drei Routen sind voll schön und sehr zu Empfehlen. Leider flog der ganze Tag ein Helikopter umher. Die Pou Brüder versuchten sich an der Zahir. Dies musste natürlich mit Unmengen an Kerosin gefeiert werden. Hei liebe Pou Brüder: Wenn ihr ohne Heli in den Bergen nicht klarkommt, dann bleibt doch bitte Zuhause, dort findet man euer Gehabe bestimmt cooler als hier!

Die letzten Tage verbrachten wir gemütlich im Jura. Wir wünschen unseren Freunden noch viel Spass in Ceuse. Und auf ein Neues.

Neue Route in Moutier befreit

Nachdem Basil in toller Form  trent nerfs (8a/8a+) und drogues douces (7c+/8a)  wiederholen konnte, ist mir letzte Woche endlich der Durchstieg von Invaders must die gelungen. Die Route ist wirklich absolut spektakulär und richtig lang. Im Video sieht man einen zusammengeschnittenen Versuch im Juni, die Lösung ist die gleiche geblieben. Bewerten ist echt schwer bei dieser Route, ich bin 18mal am gleichen Längenzug raus. Wenn ich nur 3cm mehr Spannweite hätte, wärs wohl nicht so schwer gewesen. Ich schlage 8a+ vor, wobei 8a >185cm und 8b <170cm als Rahmen mitgenannt werden sollte. Viel Spass!

News und Topos von Silvan Schüpbach – Alpinist und Bergführer